Pressespiegel

Tote Frauen trinken nicht

Premiere im Zimmertheater der Freilichtbühne

Alles könnte so schön sein – Ein neuer Job und eine eigene möblierte Bude in Mannheim-Gartenstadt. Sabine Pahlke (Agnetha Rauch) ist überglücklich. Würde da nicht eine andere junge Frau auftauchen, die sich als Pia Freitag (Mia Lelia Franz) vorstellt und felsenfest behauptet, das sei ihre Wohnung und ihre Möbel. Und wäre da nicht Sabines herrische Mutter Ingrid Pahlke (Henrike Haase), die sich, immer im Schlepptau Tante Heide (Veronika Ludwig), penetrant in Sabines neues Leben einmischt, Sabine herumkommandiert und diese permanent schlechtmacht. Und dann taucht da noch die anfangs reservierte, aber überaus nette Vermieterin Heike Sahlfeld (Ute Zuber) auf, die sich auch keinen Reim auf diese unheimlichen Vorgänge in ihrer Wohnung machen kann. Irritiert stellt Sabine fest, dass nur sie selbst Pia hören und sehen kann. Und Pia muss feststellen, dass sie eigentlich ein „Geist“ ist und gar nicht mehr hier sein dürfte. Und was für sie sogar noch schlimmer scheint, dass sie in diesem Wesenszustand leider keinen Alkohol mehr trinken kann. Trotz aller Verunsicherung freunden sich die beiden jungen Frauen an und Sabine lernt, mit Hilfe der kecken Pia, ihrer Mutter, die ihre Tochter wegen deren mutmaßlichen „Selbstgespräche“ am liebsten für verrückt erklären lassen würde, endlich die Stirn zu bieten und sich gegen deren verbalen Angriffe zur Wehr zu setzen. Ingrid, wie immer im Schlepptau Tante Heide, die keinem Likörchen oder Schnäpschen abgeneigt ist, engagiert kurzerhand zwei Geisterjägerinnen, Melanie und Sonja Geistreich (köstlich Claudia Bendig und Andrea Resch), die nach „Ghostbuster“-Manier dem Spuk ein Ende bereiten wollen, was natürlich misslingt. Erst als die Frauen entdecken, dass die rassige exotische Putzfrau Dunja Paslowski (Jelena Bruderuhs) den „Geist“ zumindest hören kann und sich auch nach eigenem Bekunden in der Durchführung von Geisterbeschwörung und Seancen versteht, eröffnet sich für Pia die Chance, ihr unbefriedigendes Leben in dieser Zwischenwelt zu beenden. Aber ob das wirklich gutgeht? Es sei an dieser Stelle nur noch so viel hinzugefügt, dass sich am Ende der Geschichte nicht nur Sabine „emanzipiert“. Eine wirklich liebevolle und amüsante Komödie des Zimmertheaters der Freilichtbühne Mannheim unter der Regie von Thomas Nauwartat-Schulze in zwei Akten, in guter Mannemarischer Manier erzählerisch umrahmt von Dunjas Putzfraukollegin Biggi Pomke (Angelika Lederer). Und dieses Mal, wie der Aufzählung der Darstellerinnen zu entnehmen ist, ist es ein reines Frauenstück, wäre da nicht … aber nein, es wird nichts verraten! Am Ende der überaus gelungenen Premiere überreichte Sabine Valentin jedem der Damen ein Blumensträußchen und auch Thomas Nauwartat-Schulze erhielt als verdientes Dankeschön einen sommerlichen Blumenstrauß. Leider sind alle Vorstellungen für das Abendstück des Zimmertheaters für das Jahr 2024 bereits ausgebucht. Aber am 1.Dezember (Termin gut vormerken!!) wird die Kartenreservierung für das Jahr 2025 für alle vorgesehenen Aufführungen des Zimmertheaters und der Freilichtbühne freigeschaltet und dann können Sie auch noch einmal Pia und Sabine bei ihrer ungewöhnlichen Freundschaft begleiten.

Wochenblatt, 16.10.2024, Beate Tilg

Freilichtbühne Mannheim: Ort voll lebendiger Geschichte und zauberhafter Atmosphäre

In der grünen Idylle von Mannheim-Gartenstadt entfaltet die Freilichtbühne ihren Zauber. Mit Geschichte, Leidenschaft, einem abwechslungsreichen Programm und einem engagierten, ehrenamtlichen Team begeistert sie ihr Publikum

Eingebettet in die grüne Idylle von Mannheim-Gartenstadt liegt die Freilichtbühne, ein Ort voller lebendiger Geschichte und zauberhafter Atmosphäre. Verwunschene Wege schlängeln sich durch eine üppige, schattige Landschaft, in der kunstvoll platzierte Skulpturen an vergangene Zeiten erinnern. Zwischen den Bäumen und Skulpturen streift eine Katze umher, die seit der Aufführung des „Gestiefelten Katers“ dort heimisch ist und an die vielen Abenteuer erinnert, die auf dieser Bühne zum Leben erweckt wurden. Die Freilichtbühne mit ihren rund 800 Sitzplätzen und das gemütliche Zimmertheater mit 83 Plätzen bieten ein abwechslungsreiches Programm für Zuschauer jeden Alters. Von Abendstücken über Familienvorstellungen bis hin zu zahlreichen Sonderveranstaltungen ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Theaterzauber zwischen Tradition und Leidenschaft

Thomas Nauwartat-Schultze ist das Herz und die Seele der Freilichtbühne Mannheim. Ursprünglich als Spieler gestartet, hat er sich zum Regisseur entwickelt und prägt das Theater heute als Geschäftsleiter, Vorstandsmitglied und Darsteller. Seine Philosophie lässt sich in zwei Worten zusammenfassen: „Einfach machen.“ Mit dieser Einstellung treibt er das Theater seit Jahren erfolgreich voran. Auf die Frage, warum er das alles macht, antwortet er schlicht: „Weil es das wert ist. Es ist auf so vielen Ebenen einfach gut.“ Wenn Mannheimer „Theater“ hören, denken sie automatisch an das Nationaltheater, obwohl die 1913 gegründete Freilichtbühne als zweitältestes Theater der Stadt eine ebenso lange und bedeutende Geschichte hat.
Ursprünglich als Schießstand im Wald genutzt, wurde sie zu einem kulturellen Treffpunkt. In den 70er und 80er Jahren geriet die Bühne in eine Krise, da Kino und Fernsehen die Zuschauer abzogen. Heute erstrahlt sie wieder als kultureller Leuchtturm, dank aktiver Social-Media-Präsenz und treuer Fans. Auch die Technik hat sich im Laufe der Zeit stark weiterentwickelt und umfasst nun Special Effects, Nebelmaschinen und Bühnenversenkungen. Das zahlt sich aus: Die Konzerte und Aufführungen sind fast immer ausgebucht, und man merkt kaum, dass keine Profis am Werk sind. Das abwechslungsreiche Programm wird von einer engagierten Gemeinschaft ehrenamtlicher Helfer realisiert.
Jedes Projekt ist besonders, selbst unter herausfordernden Bedingungen wie Regen oder extremer Hitze. Die kreative Regiearbeit, detailreiche Bühnenbauten, aufwendige Kostüme, Maske, Requisiten, Licht, Ton, Kartenverkauf und Verwaltung – alles wird mit Leidenschaft und ohne professionelle Ausbildung gemeistert. Hier zählen das Herzblut und die Freude der knapp 400 Mitglieder am gemeinsamen Schaffen. Jeder kann mitmachen, unabhängig vom Alter und ohne Vorkenntnisse. Bei Textschwierigkeiten gibt es kürzere Rollen oder Statistenaufgaben, die durch häufige Kostümwechsel oft anstrengender sind als die Hauptrollen, wie Nauwartat-Schultze lachend erzählt.
Die Zuschauer der Freilichtbühne kommen aus der gesamten Region Mannheim, Heidelberg und darüber hinaus. Das Theater ist ein Ort für alle und zieht Menschen aus verschiedenen Lebensbereichen an. Viele sind Stammgäste, die auch nach unbekannteren Stücken sofort wieder Tickets buchen. Vor jeder Aufführung wird gefragt, wer zum ersten Mal dabei ist, und die Zahlen variieren je nach Programm. Das Team muss sich oft unvorhersehbarem Wetter stellen, was zu Regenausfällen und Absagen führen kann.

Humorvolle Highlights und große Pläne für die Zukunft der Bühne

Trotzdem bleibt die Stimmung gut, und die meisten Besucher nehmen es mit Humor. Das vielfältige Programm bietet in diesem Jahr Highlights wie „Mord im Orientexpress“ von Agatha Christie, „Schlager lügen nicht“, bei dem auch gesungen und getanzt wird, und „Robin Hood,“ sowie viele weitere spannende Aufführungen. Besonders für Kinder ist das Live-Erlebnis wichtig. Am Kassenhaus fragen manche: „Wann geht der Film los?“ Und sind dann begeistert: „Da spielen ja echte Menschen, toll!“
Die Freilichtbühne hat große Pläne für die Zukunft, denn sie hat einen festen Platz in den Herzen der Menschen und bietet eine „kostenlose Therapie“ für alle, die mitmachen. Auch das Publikum schätzt die Aufführungen sehr. „Die Welt ist gerade nicht so schön. Ablenkung, Zeit zu lachen ohne Probleme – man geht gut nach Hause“, sagt Nauwartat-Schultze. Ist die Kultur am Aussterben? „Man darf nicht still sein, denn das würde Stillstand bedeuten“,fügt er hinzu.

Mannheimer Morgen, 15.08.2024, Karolin Jauernig

Art-im-Takt gibt klangvolles Jubiläumskonzert in der Gartenstadt

Der Bühnenchor der Freilichtbühne feiert seinen 20. Geburtstag mit Klassikern der Filmmusik. Chorleiter Thomas Nauwartat-Schultze kann auf gut 800 Proben zurückblicken und sucht zum Jubiläum weitere Sängerinnen und Sänger

„Wir feiern heute Geburtstag, sind 20 Jahre jung“, sang sich der Bühnenchor der Freilichtbühne Art-im-Takt selbst ein Ständchen und versprach frei nach der Melodie von „Mit 66 Jahren“ es sei „lange noch nicht Schluss“. Das Konzert im Gemeindesaal der Elisabethkirche war ein Heimspiel, überschwänglicher Applaus empfing die Sängerinnen und Sänger schon beim Einmarschieren und riss den ganzen Abend nicht ab.
„Es erfüllt mich mit großem Dank und Stolz“, blickte Leiter Thomas Nauwartat-Schultze zurück. „20 Jahre das waren 782 Dienstagsproben, 34 Probenwochenenden und 134 Einzelstimmproben“, zählte er auf. Der Chor habe bei vielen Produktionen der Freilichtbühne und des Zimmertheaters mitgewirkt, aber auch unabhängig von den Inszenierungen einige Konzerte gegeben. „Ich bin sehr glücklich, dass ihr immer neue Wege mit mir geht“, wandte er sich an die Sängerinnen und Sänger.
Viel Lob und Anerkennung kamen vom Vorstand der Freilichtbühne: „20 Jahre Gesänge und Klänge“, reimte Sabine Valentin in ihren Dankesworten. Zusammengekommen waren die Chormitglieder im Sommer 2004, als Nauwartat-Schultze Gesangstalente für das Musical „Dracula“ suchte. Zur Erinnerung daran ertönte das „Zuglied“. „Dreistimmig war damals eine große Herausforderung für uns“, erzählte der musikalische Leiter und fügte hinzu: „Heute singen wir vier- und fünfstimmig.“ Mit Klassikern der Filmmusik nahm der Chor die Zuschauerinnen und Zuschauer mit in die Welt von Zwergen, Vampiren und Hobbits. Die Streicher und Flöten des Heidelberger Kantatenorchesters verliehen dem Stück „Ewigkeit“ aus „Tanz der Vampire“ eine dramatische Note. Seit 2008 begleiten die Musikerinnen und Musikern den Chor bei allen wichtigen Auftritten.

Mix aus Mozart, Hobbit und König der Löwen dargeboten

Mozart kann auch poppig klingen – mit dem Finale aus dem gleichnamigen Musical ehrte der Chor den österreichischen Komponisten. Bei „Blunt the Knives“ aus der Hobbit-Triologie sah man das Saufgelage der Zwerge förmlich vor sich, eher melancholisch klang dagegen „Misty Mountains“. Die Rhythmustruppe unterlegte „Hörst du wie das Volk erklingt“ aus „Les Misérables“ mit schmissiger Marschmusik. „Der ewige Kreis“ aus dem Disneyfilm „Der König der Löwen“ berührte das Publikum sichtlich.
Trotz der Hitze im Saal klatschte und schnipste es zu „Trashin’ the Camp“ eifrig mit. Bei „Conquest of Paradise“ kam das harmonische Spiel von Pianistin Ryoko Aoyagi besonders gut zur Geltung. Nach den zarten Klängen ging es mit einem Medley lautstark in die Filmwelt des Spions James Bond.
Der Chor lebe nicht nur von Proben und Auftritten, erklärte Nauwartat-Schultze. Bei Grillfesten und Weihnachtsfeiern werde Geselligkeit großgeschrieben. Was könnte zum Jubiläum also besser passen als „Ein Freund, ein guter Freund“?
Mit „Vielen Dank für die Blumen“ verabschiedete sich der Chor von seinem Publikum, nicht ohne Werbung in eigener Sache zu machen. „Sie müssen keine Noten lesen können, sie dürfen nur ihren Nachbarn nicht rausbringen“, lud der Chorleiter zum Mitmachen ein.

Mannheimer Morgen, 26.07.2024, Astrid Schwörer

Partykracher und flinke Pfeile: Freilichtbühne mit zwei unterhaltsamen neuen Stücken

Eine gute Zeit soll das Publikum haben. Dafür sorgen rund 400 Macher auf und hinter der Mannheimer Freilichtbühne, die Kinder und Erwachsene in der Sommersaison mit zwei neuen Produktionen bestens unterhalten: mit einer Komödie mit 70er-Jahre-Songs und einem actionreichen Klassiker.

Es ist eine gute Tradition an der Mannheimer Freilichtbühne, Kindern und Erwachsenen jedes Jahr im Sommer ein auf sie gemünztes Stück in der Gartenstadt zu präsentieren. Seit 1950 finden die Vorstellungen inmitten einer schönen Parkanlage in der Gartenstadt statt. Gegründet wurde der Verein, der die Aktivitäten trägt, vor 111 Jahren auf dem Waldhof. Heute nehmen rund 400 Mitglieder auf und hinter der Bühne ehrenamtlich am Geschehen teil, bei dem es immer zutiefst familiär zugeht. Alle mit der Inszenierung verbundenen Arbeiten, von der Regie, Maske und Technik, bis hin zu Schauspiel und Kartenverkauf, werden von den Mitgliedern geleistet. . In diesem Jahr stehen bis zu vier Generationen auf der Bühne, die das Publikum gleich zwei Mal mit auf eine Zeitreise nehmen stehen: mit dem Klassiker „Robin Hood“ für Kinder und der Komödie „Schlager lügen nicht“ als abendfüllendes Stück für Erwachsene. Beide Premieren gingen am Wochenende über die Bühne und waren nahezu ausverkauft.

Familie Spengler gerät Schlagerszene

Am Samstag hob sich der Vorhang für die Komödie „Schlager lügen nicht“, die eine beschwingte Hommage an die 1970er-Jahre ist. Nicht weniger als 24 Mitwirkende spielten, tanzten und sangen sich durch den Plot, der das Flair eines Musicals atmete: eine bunte Scharade, die sich um die Irrungen und Wirrungen der Liebe dreht, von Anja Adelmann und Michael Knapp in Szene gesetzt, die dafür aus dem über die Jahre mit Kostümen und Requisiten prall gefüllten Fundus der Freilichtbühne schöpfen konnten. Ein gutes Jahr nahmen die Proben und Recherchen dafür in Anspruch. Entstanden ist die authentisch wirkende Renaissance einer Epoche, in welcher Schlaghosen, Plateauschuhe und schräge Frisuren zum guten Ton gehörten – mit der passenden Musik dazu, die heute Kultstatus hat. Das Publikum begleitet die Familie Spengler zwei Stunden lang auf ihrem persönlichen „Summer of Love“-Trip, der sie in die von Skandalen umwitterte Schlagerszene geraten lässt. Von ihrem heimischen Sofa aus, das vor einer Tapete mit psychedelischen Mustern steht, führt sie die Reise auf die der Deutschen liebsten Ferieninsel Mallorca, wo gerade die nächste Ausgabe der beliebten TV-Show „Schlagerparade“ produziert wird – begleitet von einem Soundtrack, den Roberto Blanco, Rudi Carrell, Henry Valentino und Co beisteuern.

Das Publikum singt und tanzt mit

Es waren an diesem Abend 19 Party-Kracher, die vom Ensemble auf der Bühne live gesungen und vom Publikum begeistert mit angestimmt und auch getanzt wurden. „Bei den Proben fühlten wir uns oft wie in die Zeit zurückversetzt, da wir als Teenager selbst mit unseren Eltern vor dem Fernseher gesessen haben“, erinnerte sich Anja Adelmann, deren Regie-Mitarbeit auch eine Premiere ist. Mit Blick auf die Auswahl des Stücks habe man sich bewusst für eine Produktion mit ganz viel Humor und Wohlfühlfaktor entschieden. „Das Publikum soll eine gute Zeit haben, nach Herzen lachen, singen und tanzen“, sagte ihr Regie-Kollege Michael Knapp. Das ist am Samstag gelungen.

Hauen und Stechen in der Gartenstadt

Am Sonntag hob sich der Vorhang für das aktuelle Familien-Stück, wobei noch einmal mehr als doppelt so viele Schauspieler als am Vorabend auf der Bühne standen. Zum Ensemble gehören etwa 30 Kinder und Jugendliche. Der Aufwand, den man hier getätigt hat, um den legendären Sherwood Forest in die Gartenstadt zu verpflanzen, ist beachtlich. Viel Wert wurde auch in diesem Fall auf Details gelegt, um die vielen Tanz-, Kampf- und Alltagsszenen im England des 12. Jahrhunderts darzustellen. Die Akteure lernten von ihren Coaches mit Pfeil und Bogen, Schwert und Stock umzugehen. So wurden das quirlige Treiben auf dem Marktplatz am Fuße der Burg, das Hauen und Stechen mit den tölpelhaften Schergen des schusseligen Sheriffs von Nottingham und das Spiel der Gaukler für das Auge des Betrachters farbenfroh in Szene gesetzt. Über 70 Kostüme wurden eigens angefertigt.

Inspiration aus alten Hollywood-Schinken

Die Szene verlagerte sich wiederholt auch vor die Bühne, wenn die Gefährten durch die Wälder streifen und in ihrem Versteck Feste feiern. Am Herzen liegt den Machern aber auch die Moral von der Geschichte. Dass Robin Hood dem Adel von Nottingham nur das nimmt, was den Armen zum Überleben fehlt, verleiht der Hauptfigur bis heute seinen Glanz. Für Schwächere einzutreten und das Gute zu kämpfen, das sind zeitlose Werte.
Für Sandra Mercatoris und Christoph Rohs ist die Entstehung des Sherwood Forest auf der Freilichtbühne ihre erste Regie-Arbeit. Mit ihrem Ensemble machten sie sich mit Begeisterung an die Umsetzung des Stoffs. „Einige von unseren jungen Schauspielern haben sich sogar die alten Hollywood-Filme angesehen, um sich auf ihre Rolle vorzubereiten“, sagte Sandra Mercatoris. Hat auch sie sich die Klassiker angesehen? „Nein“, erwiderte sie mit einem Lächeln. „Ich wollte unsere eigene Version der Geschichte auf die Bühne bringen und mich eben nicht beeinflussen lassen“. Auch das ist am Sonntag gelungen.

Die Rheinpfalz, 12.06.2024, Manfred Ofer

 

Familienstück der Freilichtbühne Mannheim: „Robin Hood“ begeistert Jung und Alt

Bei der Premiere hat das Familienstück der Freilichtbühne Mannheim, “Robin Hood”, kleine und große Zuschauer begeistert. Die Inszenierung, die bis in den August hinein aufgeführt wird, hat viele gut ausgearbeitete Höhepunkte

Prächtige Kostüme, Tanz, Gesang, Kämpfe und große Gefühle: Das Familienstück der Freilichtbühne Mannheim bietet in knapp zwei Stunden einmal mehr alles, was Theater für Kinder (und Erwachsene) leisten soll. Mit „Robin Hood“ haben Sandra Mercatorius und Christoph Rohs in ihrer ersten Regie für die Amateure aus der Gartenstadt eine beachtliche Inszenierung vorgelegt. Zwar ist der Text von Bernd Klaus Jerofke für Kinder etwas sperrig, aber die werden eher vom abwechslungsreichen Geschehen auf der Bühne gefesselt. Doch Sätze wie „Gerechtigkeit für die Armen“ oder „Kampf den Reichen“ verstehen auch sie. Schließlich haben sie ja gesehen, wie die Schergen des Sheriffs von Nottingham das Volk ausplündern.
Die Hintergrundinformationen zum „Rächer der Enterbten“, der „den Reichen nahm, um es den Armen zu geben“, werden durch die künstlerische FLB-Leiterin Sabine Valentin als mittelalterlich gekleidete Reporterin in Form eines Interviews geschickt eingefädelt. Dann nehmen 50 Mitwirkende im Alter von zwei bis über 70 Jahren das Heft in die Hand und entführen nach Nottingham, wo der hinterlistige Sheriff (Harald Kremsreuter), der harte Hund Lord Fairfax (Joachim Franz) und der habgierige Bischof von Canterbury (Isabelle Köster) die Abwesenheit des englischen Königs Richard Löwenherz nutzen, um sich selbst zu bereichern. „Wie kommen die den da rauf“, fragt sich eine Vierjährige beim Blick auf die linke Bühnenseite und die hoch aufragende Burg. Urkomisch die drei Trompeter, die dort mit dilettantischen Blas-Versuchen die Aufmerksamkeit auf die „Bösen“ lenken.
Die „Guten“, sprich die Outlaws um Little John (Peter Ziesche) und Bruder Tuck (Dirk Schlinke), hausen gegenüber im Sherwood Forest. Nicht alle sind begeistert, als plötzlich der Ausgestoßene Robin (souverän: Jannik Haas) auftaucht und schnell das Kommando übernimmt. Doch schließlich hat er Alana (sehr agil: Astrid Nortmeyer) befreit, als sie bei der verbotenen Hasenjagd von Soldaten gefangen wurde. „Die find’ ich schön“, kommentiert eine kleine Zuschauerin. Als dann auch noch die kämpferische, ebenfalls von Robin gerettete Lady Marian (Bianca Valentin) mit ihrer immer empörten Amme (Nadine Wettig-Paulus) im Lager eintrifft, findet sich auch der misstrauische Will Scarlett (Simon Paulus) mit den Neuen ab.

Viele gut herausgearbeitete Höhepunkte

Inmitten von Gut und Böse schwankt das Volk zwischen Freude und Leid, zwischen Lebenslust und Frust. Dabei hat jedes Mal die Kindergruppe der FLB große Auftritte. Die Jungs und Mädchen spielen ganz ohne Scheu. Auch große Gefühle haben ihren Platz. Dank des alten, blinden Dieners Duncan (Edgar Guschweski) erklären sich Robin und Lady Marian ihre Liebe, zudem werden Alana und Will ein Paar.
Es gibt viele, von der Regie gut herausgearbeitete Höhepunkte: der Überfall auf die Kutsche, der Bogenschießwettbewerb zwischen Robin und der Sheriff-Soldatin Wilma (Lilly Schubert) oder der mit Inbrunst geführte Kampf zwischen Outlaws und Soldaten. Den beendet erst der rechtzeitig zurückgekehrte König Richard (Michael Goericke), der von nun an für Recht und Ordnung sorgt.

Mannheimer Morgen, 10.06.2024, Sibylle Dornseiff

Freilichtbühne Mannheim: So begeistert die 70er-Jahre-Revue

Mannheims Freilichtbühne präsentiert die Revue “Schlager lügen nicht”: Familiengeschichte trifft dabei auf Showbiz-Intrigen in einer farbenfrohen 70er-Jahre-Show

Die neue Abendproduktion der Mannheimer Freilichtbühne hat alles, um in den nächsten elf Vorstellungen bis Anfang August für ein volles Haus zu sorgen. „Schlager lügen nicht“ könnte sich zu einem echten Kassenschlager entwickeln, denn in der – nicht nur Genre-Fans – kurzweiligen Revue, die sich um Ohrwürmer der 70er Jahre rankt, kommt viel Gutes zusammen.
Autor Thomas Schiffmann ist als Theater-, Film- und Fernsehwissenschaftler, Regisseur, Schauspieler, Sänger, Moderator, Musiker und Texter ein Theatermensch durch und durch. Die Regie von Michael Knapp und Anja Adelmann greift den liebevoll-ironischen Blick des Autors auf, bedient augenzwinkernd alle Klischees des Schlagers und bringt richtig Leben auf die große Bühne in der Gartenstadt. Dort ist im Mix aus Spiel- und Tanzeinlagen (Choreografie Nina Füllhase, Sabrina Petschi) viel los, auch das Spiel ohne Ball funktioniert in jeder Ecke. Dabei ist Christa Krieger als Putzfrau und Kellnerin voll in ihrem Element.
Die 19 Schlager wie „Immer wieder sonntags“, „Wunder gibt es immer wieder“, „Ein bisschen Spaß muss sein“, „Ti Amo“ oder „Ein Lied kann eine Brücke sein“ sind das Gerüst für zwei parallel laufende Geschichten.

Abend verbindet Familiendramen mit den Schattenseiten des Ruhms

Die eine dreht sich um die schlageraffine Familie Spengler mit Mutter Maria (Sabrina Petschi), Vater Richard (Dominik Kobel), pubertierender Tochter Doro (Elisabeth Adelmann) sowie deren Freund Jürgen (Paul Kaufmann). Die andere gewährt mit „Anheizerin“ (Claudia Knapp) den Blick in die hinter den Kulissen gar nicht so heile Schlagerwelt, in der TV-Show-Moderator Peter Brock (Andreas Burger), das Gesangsduo Ulla (Marie-Claire Kieser) und Björn (Michael Knapp) sowie Schlagerstar Dieter Kern (Guntram Raquet) sich angiften. Beide Stories kreuzen sich, als Doro eine Reise zu einer TV-Aufzeichnung gewinnt und sie mit ihrer Mutter nach Mallorca reist. Dort kommen sie mit ihren Stars mehr oder weniger in Berührung, doch die Skandaljournalistin Julia (Bettina Robl) und ihr Fotograf Berger (Wolf-Lennart Arras) sorgen für Aufregung und Eifersucht bei den Männern in der Heimat. Natürlich lösen sich alle Missverständnisse in Wohlgefallen auf, denn Schlager lügen (angeblich) nicht.
Das Bühnenbild mit den psychodelischen Tapeten, den schrillen Kostümen und abenteuerlichen Frisuren erinnert schmerzvoll an die modischen Entgleisungen vor fünf Jahrzehnten.
Als Running Gag tragen die Jacobsisters immer wieder ihre (gehäkelten) Pudel spazieren. Und weil das extra für die Gesangsparts gecastete 24-köpfige Ensemble auch gut bei Stimme ist (Einstudierung Thomas Nauwartat-Schultze), dauert es keine Minute, bis das Publikum in den voll besetzten Reihen erstaunlich textsicher mitsingt. Die Lust an der chorischen Teilhabe endet nach zweieinhalb Stunden in fast schon euphorischem Beifall.

Mannheimer Morgen, 11.06.2024, Sibylle Dornseiff

Was die Freilichtbühne in Mannheim zu bieten hat

Auf der Bühne viel Abwechslung, hinter den Kulissen jede Menge Arbeit: Wie viel Herzblut in der Freilichtbühne steckt, konnten die Gäste beim Tag der offenen Tür erfahren. Nun stehen zwei Premieren an

Ein Blick hinter die Kulissen erlaubte am Samstag der Tag der offenen Tür bei der Freilichtbühne in der Gartenstadt. Eröffnet wurde das Programm vom Vorsitzenden der Freilichtbühne Dominik Kobel, Sabine Valentin und Thomas Nauwartat-Schultze gemeinsam mit dem Schirmherrn und neugewählten Kulturbürgermeister Thorsten Riehle. Schirmherr war Thorsten Riehle wahrhaftig, denn bis kurz vor der Eröffnung regnete es. Doch dann wurde das Wetter immer besser, und am frühen Nachmittag kam sogar zeitweise die Sonne heraus.
Riehle betonte, dass die Freilichtbühne aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken ist. „Ihr macht tolle Veranstaltungen und bietet den Menschen unterhaltsame Abende. Seit über 100 Jahren wird hier ein unglaubliches Engagement gezeigt. Hinzu kommt, dass der Park um die Bühne auch gepflegt werden muss. Ihr seid wertvoll“, hob der Kulturdezernent hervor.
Die Eröffnung mit dem Chor Art-im-Takt fand allerdings dann im Zimmertheater statt. Der Chor, der in diesem Jahr sein 20-jähriges Bestehen mit einem Jubiläumskonzert feiert, präsentierte Lieder aus „Tanz der Vampire“, das „Finale von Mozart“ von den Comedian Harmonists und die James Bond-Titelmelodie aus „Skyfall“.

Zwei Premieren stehen am 8. und 9. Juni bevor

Auf der Freilichtbühne wurden jeweils zwei Mal Ausschnitte aus den Sommerstücken „Schlager lügen nicht“, Premiere am 8. Juni, und „Robin Hood“, Premiere am Tag darauf, gezeigt – die jeweils mit kräftigem Applaus bedacht wurden.
Vom Rhein-Neckar-Theater kam als Gaststar Markus Beisel, bekannt als Dragqueen Celine Bouvier. Sie hatte mit ihren High Heels auf dem Kopfsteinpflaster der Bühne leichte Probleme. Aber sie hielt durch und unterhielt die Besucher eine dreiviertel Stunde mit ihren Liedern. Die Ehrenvorsitzende Christa Krieger ließ 111 Jahre Freilichtbühne mit einer Präsentation Revue passieren. Sie meinte zum Wetter: „Wenn es heute regnet, sind die kommenden Vorstellungen regenfrei.“
Für die Kleinsten hatten die Theateraktiven eine Spielstraße aufgebaut, und es konnten Holzschwerter, Schilder und Dekoteile bemalt werden, die von den Bühnenbauern vorbereitet worden waren. In einer Probenhalle durften die Kinder mit Pfeil und Bogen schießen – betreut vom Bogen-Club Bürstadt, der auch die Darsteller von „Robin Hood“ trainiert hatte. Selbstverständlich konnten Interessierte auch in Regie- und Schminkraum sowie in die Fundushallen reinschnuppern. Über 1000 Besucher kamen zur Bühne, die meisten wollen zu den Aufführungen wieder kommen.
111 Jahre alt ist die Freilichtbühne Mannheim-Gartenstadt. Gegründet wurde der „Dramatische Club Waldhof e.V.“ 1913 in der Gaststätte „Michel-Michel“ in der Frankfurter Straße. Die Theateraufführungen fanden im Gemeindesaal der St.-Franziskus Gemeinde statt. Der Name „Freilichtbühne“ kam dann 1950 auf, als die ersten Freilichtaufführungen auf dem Gelände an der Kirchwaldstraße in der Gartenstadt stattfanden. Hier auf dem Gelände des ehemaligen „Diana“-Schützenvereins fanden die Laienspieler ihr heutiges Domizil und pachteten 1948 das Areal von der Evangelischen Pflege Schönau in Heidelberg.

Mannheimer Morgen, 21.05.2024, Klaus Schillinger

Kinder begeistern Kinder mit der „Zauberflöte“

Kindgerecht inszeniert begeistert Mozarts Opernklassiker das Publikum mit jungen Akteuren, schönen Bildern und heiteren Momenten

Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ in kindergerechtem Format – kann das gut gehen? Es kann, und zwar als poetisches, heutiges Märchen. Die bunt-spielerische Neuinszenierung des Klassikers durch die Kinder- und Jugendgruppe der Freilichtbühne Mannheim unter der Leitung von Vera Arndt und Paul Kaufmann im Zimmertheater begeisterte das Publikum.
Tief im Reich der Finsternis, wo kein Sonnenstrahl die Erde trifft, herrscht die mächtige Königin der Nacht. Doch sie ist voller Kummer. Denn ihre schöne Tochter Pamina wurde ins Reich der Sonnenkönigin Sarastra entführt und wird dort vom fiesen Monostatos gefangen gehalten. Der tapfere Prinz Tamino soll nun zu ihrer Rettung entsandt werden. Zusammen mit dem gewitzten Vogelfänger Papageno und den Knaben der Königin der Nacht macht er sich auf den Weg, um die entführte Pamina zu befreien. Wird es ihnen gelingen?
Die freie Inszenierung von Mozarts Klassiker von Kindern für Kinder (Autorin: Karin Winkelsträter) ist der ideale, sympathisch unkomplizierte Einstieg in die Welt der Oper. Hier wird gesprochen und nicht gesungen, niemand muss Angst vor hohen Tönen und langen Arien haben – und dennoch entfaltet auch hier der Zauber von Mozarts Musik seine Wirkung auf das junge Publikum.

Diese Zauberflöte ist fantasievoll und farbenfroh

Die ursprünglich dreistündige Fassung wurde auf 60 Minuten verkürzt und überforderte auch jüngere Zuschauer nicht. Denn das, was sich dort vor ihren Augen abspielte, könnte einem Märchenbuch entsprungen sein. Das Bühnenbild ist auf ein Minimum reduziert. Dominierend im Bühnenaufbau ist eine goldene Sonne im Reich des Lichts. Die Kostüme sind fantasievoll und farbenfroh.
Die Kinder- und Jugendgruppe des Gartenstädter Theaters zeigte sich schauspielerisch und tänzerisch von seiner besten Seite. Tamina (Malia Kim) und Tamino (Emilian Paulus) begeisterten mit ihrer reizenden Jugendlichkeit. Entzückend auch das Quintett Lirum, larum Löffelstiel im Wechselspiel mit Tamino und Papageno (Johannes Adelmann).
Gelungene spielerische Leistungen zeigten auch die Königin der Nacht (Maria Blag), die Sonnenkönigin Sarastra (Lia Steinert), ihre reizenden Dienerinnen und ihre Wachen mit dem bösartigen Monostatos (Hendrik Köster) an der Spitze. Das Spiel von Tamina (Malia Kim) und Tamino (Emilian Paulus) war eindrücklich und ergreifend. Der vor Spielfreude sprudelnde Johannes Adelmann (Papageno) begeisterte die Zuschauer mit seinem kecken Witz. Höhepunkt war der Dialog von Papageno mit Sophia Weiz (Papagena), natürlich und komisch zugleich.
Etwas frei interpretierten die beiden Regisseure Mozarts Werk: Vera Arndt und Paul Kaufmann benutzten zwar die Text-Vorlage, doch viele Dialoge seien erst während der Proben entstanden, so die Regisseure. Die 32 Akteure zwischen acht und 16 Jahren, die am liebsten jeden Tag auf der Bühne stehen würden, seien gleichsam übergesprudelt vor Motivation, erzählten sie. Die 21-jährige Arndt und der 19-jährige Kaufmann inszenierten zum ersten Mal gemeinsam ein Stück. Ihre herrlich lockere, moderne Inszenierung und die Spielfreude aller Darsteller überzeugten restlos.

Mannheimer Morgen, 19.12.2023, Sylvia Osthues

„Mord im Orientexpress“ im Zimmertheater Mannheim zu sehen

Agatha Christies Klassiker neu interpretiert: Thomas Nauwartat-Schultze bringt “Mord im Orientexpress” ins Zimmertheater Mannheim und begeistert mit einer komödiantischen Herangehensweise an den berühmten Krimi

Es dürfte nur wenige Menschen geben, die Agatha Christies „Mord im Orientexpress“ nicht kennen. Der 1934 erschienene Kriminalroman um Meisterdetektiv Hercule Poirot, der hier entscheidend mit den Themen Recht, Gerechtigkeit und Selbstjustiz konfrontiert wird, wurde mehrfach verfilmt und feierte in den letzten Jahren auch auf Theaterbühnen Erfolge.

“Mord im Orientexpress” in Mannheim: Komische Züge betont

Als erstes Amateur-Ensemble erhielt die Mannheimer Freilichtbühne die Aufführungsrechte der Bühnenfassung von Ken Ludwig aus dem Jahr 2018. Der amerikanische Dramatiker hat die Zahl der handelnden Personen auf zwölf reduziert, die Zusammenlegung der ursprünglich zwölf Verdächtigen auf acht macht Sinn. Weil Ludwig die Geschichten der „Queen of Crime“ als Komödie versteht, betont seine Vorlage die komischen Züge. Im Mittelpunkt stehen Figuren, von denen die meisten allein durch ihre Skurrilität und ihre Marotten Komik in sich tragen.
So auch in der unterhaltsamen, mit Rückblendungen und Hörspieleinlagen arbeitenden Inszenierung von Thomas Nauwartat-Schultze für das Mannheimer Zimmertheater. Das Publikum lacht gerne und viel, was Teile des Ensembles allerdings auch immer mal wieder zu Übertreibungen hinreißen lässt. Die Grenze zum Klamauk ist dann nah. Davon ist glücklicherweise in der Rekonstruktion des Mordes, der sicher besten Szene des Stückes, nichts zu spüren. Da spielen alle mit Inbrunst und Ernsthaftigkeit.
Alles in allem agieren die sechs Männer und sechs Frauen in einem fantastischen Bühnenbild mit großer Spielfreude auf einem hohen Energielevel. Mit durchgängiger Seriosität überzeugen Nina Sumser (Mary Debenham), Simone Eisen (Gräfin Andrenyi), Simon Paulus (Schaffner Michel) und Andreas Nußbeck (Poirot). Dessen Gegenteil ist der servile Schlafwagendirektor Bouc (Christian Lange).

“Mord im Orientexpress” im Zimmertheater: Gut gelungenes Bühnenbild

Wera Wörner wandelt sich von einer überspannten Diva zur leidenden Mutter. Ute Zuber ist eine gestrenge, zynische Prinzessin Natalja, Martina Stahl die weinerliche Missionarin Greta Ohlsson, Bastian Bauer der aufbrausende Oberst Arbuthnot, Sandra Sebastian Kellnerin und Schaffnerin. Florian Wilhelm stürzt als tollpatschiger Sekretär des Opfers Samuel Ratchett über die Bühne. Bernhard Schönfelder kann sich als zwielichtiger Amerikaner nach seiner Ermordung im Bett seines Abteils ausruhen.
Womit wir wieder beim Bühnenbild sind, das allein schon den Besuch der Aufführung lohnt und alle technischen Finessen des Zimmertheaters einsetzt. Von einem zehnköpfigen Team realisiert, spiegelt es detailreich die luxuriöse Welt der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts wider, verstärkt wird die Atmosphäre durch Musik von Mahler, Strawinsky und Prokofiev.

Mannheimer Morgen, 03.11.2023, Sibylle Dornseiff

Warum die Freilichtbühne in Mannheim-Gartenstadt ihr Publikum so begeistert

Hier ist alles selbst und ehrenamtlich gemacht: Die Freilichtbühne im Mannheimer Stadtteil Gartenstadt ist 110 Jahre alt und lud zum Tag der offenen Tür ein. Was alles geboten wurde und warum das Publikum so begeistert war

Mannheim. Anlässlich ihres 110-jährigen Bestehens lud die Freilichtbühne zu einem Tag der offenen Tür in die Gartenstadt ein. Das Bühnenprogramm eröffnete der Vorsitzende der Freilichtbühne, Dominik Kobel, zusammen mit Thorsten Riehle, Fraktionsvorsitzender der Mannheimer SPD.

Ausschnitte aus Stück

Dass das Amateurtheater auch gesanglich viel zu bieten hat, bekamen die Besucherinnen und Besucher anschließend vom Chor „Art im Takt“ zu hören, unter dem Titel „Chor mit Humor“. Und weil die Bühne in diesem Jahr das Kinderstück „Cinderella“ zeigt, präsentierten die Akteure zum Tag er offenen Tür auch einige Ausschnitte aus diesem zauberhaften Stück, die von dem Publikum begeistert beklatscht wurden.
Wie es hinter der Bühne, aber auch in den weiteren Räumlichkeiten wie Maske, Zimmertheater, Werkstätten, Kleider- und Kostümkammern sowie in der Regie aussieht, das konnten die Besucherinnen und Besucher bei mehreren Führungen durch das Gelände der Freilichtbühne selbst erkunden. Margot Weber, ihre Tochter Johanna und Enkelin Joana waren zum ersten Mal auf der Freilichtbühne, und zeigten sich erstaunt und begeistert darüber, was sie hier zu sehen bekamen: „Wir waren bestimmt nicht das letzte Mal hier“ war ihr gemeinsamer Kommentar.

Vogelhäuschen und Holzschwerter

Die „Holzwürmer“ der Freilichtbühne (Aktive, die unter anderem für das Bühnenbild zuständig sind) hatten im Vorfeld Vogelhäuschen und Holzschwerter angefertigt, die zudem von den kleinen Besuchern nach eigenen Motiven bemalt werden konnten.
Diese Aktion kam so gut an, dass die „Holzwürmer“ noch zusätzliche Schwerter anfertigen mussten. Überhaupt war für die Kleinen einiges an Angeboten vorhanden. Die Spielstraße kam ebenfalls prima an. Und Ballon-Modellierer Andreas Krebs hatte mächtig zu tun, um alle Wünsche, wie Ballonkronen und Ballonschwerter, zu erfüllen.
Mit dem Titel „Weescht noch“ und viel Humor erzählte die Ehrenvorsitzende und das Urgestein der Freilichtbühne, Christa Krieger, im Zimmertheater von den Anfängen des Ensembles bis zum heutigen Tage. „Das tolle Wetter hat uns viele Menschen beschert“, erklärte der Vorsitzende Dominik Kobel. „Die Biertischgarnituren hinter der Bühne und im Biergarten sind alle belegt und wir haben alle Hände voll zu tun, um die Besucherinnen und Besucher zu verköstigen“, erklärte er.

40 Kuchen selbst gebacken

Zudem hatten die Chormitglieder über 40 Kuchen gebacken, die gegen Spenden abgegeben wurden. „Da der Caterer kurzfristig abgesprungen ist, hat uns dankenswerterweise das Gemeinschaftswerk Arbeit und Umwelt der Arbeiterwohlfahrt unterstützt. Somit sind wir auf der Suche nach einem neuen Caterer“, sagte Kobel.
Die künstlerische Leiterin der Freilichtbühne, Sabine Valentin, wies auf ein anderes Problem hin: „Wir suchen auch Räumlichkeiten zum Proben, denn wir haben großen Zulauf von Kindern und Jugendlichen.“ Gesucht werden in der Gartenstadt auch handwerklich begabte Menschen, die die „Holzwürmer“ beim Bühnenbau unterstützen können, teilt der Vorstand mit.

Mannheimer Morgen, 06.06.2023, Klaus Schillinger