Pressespiegel
Hochnäsige Hexen, zickige Prinzessinnen und der Frosch
Theater: Freilichtbühne landet mit ihrem neuen Stück wieder einen Volltreffer und verknüpft dabei zwei Geschichten miteinander
Kichern ohne Ende, Gelächter, lautes, glucksendes Lachen, ja auch mal Proteste und Warnungen: Die Reaktionen der kleinen Zuschauer auf den „Froschkönig“ zeigte den Amateur-Schauspielern von der Mannheimer Freilichtbühne, dass sie mit dem von Sabine Valentin und Angelika Herzog-Eicher inszenierten Kinderstück wieder einmal einen Volltreffer gelandet haben. Schon vor einigen Jahren war das Stück als kleine Version im Zimmertheater gespielt worden. Um es nun für 27 Darsteller auf die große Bühne zu bringen, hat Autor Raphael Protiwensky noch ein paar Rollen hineingeschrieben, unter anderem aus einer Prinzessin ein Trio gemacht und einen neuen Koch kreiert. Natürlich haben die Regisseurinnen auch großen Wert darauf gelegt, dass die Kindergruppe richtig zum Zug kommt. Als Auftragsarbeit der Freilichtbühne komponierte der Frankfurter Frank Moesner die passende, eingängige Musik.
Beifall will kein Ende nehmen
Die bunte, mit Liedern, Tänzen und Pyrotechnik angereicherte, amüsante und kindgerechte Aufführung des spielfreudigen Ensembles kam bestens an. Am Ende der gut zwei Stunden wollte der Beifall kaum ein Ende nehmen, und die Kinder standen Schlange, um sich vor allem mit dem Frosch fotografieren zu lassen. Denn der war der Star bei den jungen Zuschauern. „Der ist witzig“, sagte die fünfjährige Lena. „Mir hat am besten gefallen, wie der Frosch am Tisch gegessen hat“, äußerte sich der sechsjährige Louis schon deutlicher, während die Gunst seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Elli anfangs noch eher dem Prinzen lag, bevor sie sich dann doch für den Frosch entschied. Der war wieder einmal eine Paraderolle für den agilen Philipp Valentin, der nicht nur seinen Charme und sein schauspielerisches Talent einsetzen konnte, sondern auch seine enorme körperliche Präsenz. Seine Gegenspielerin ist die Hexe Winifred von der Nudelburg, eine Angeberin erster Güte, die viel verspricht, wenig hält und bei dem glänzend aufgelegten Thomas Nauwartat-Schultze in besten Händen ist. Eigentlich hat Autor Raphael Protiwensky in dem Stück zwei Geschichten miteinander verwoben. Da geht es zum einen um die bekannte Grimm’sche Vorlage vom Frosch, der die goldene Kugel der Prinzessin aus dem Brunnen holt, dafür aber verlangt, ihr Spielgefährte und Hausgast zu sein. Auf der anderen Seite gibt es die Hexen, die sich einen Spaß daraus machen, Kinder in Haustiere zu verwandeln. Nun soll endlich auch Winifred beweisen, dass sie zaubern kann. Was ihr zwar gelingt, als sie aus dem eitlen und arroganten Prinzen (Sebastian Kaumann) einen Frosch macht. Doch der entkommt und die Suche nach dem Beleg der Zauberkunst führt sie inkognito als Bedienstete ins Schloss und erweist sich als höchst schwierig. Auch weil der Koch (Michael Mendes) zu gerne die Schenkel des Frosches selbst verarbeiten würde. Im Schloss verweben sich dann die beiden Storys, die aber noch etwas verbindet. Denn es geht in beiden Handlungssträngen um Versprechen. So sieht sich nicht nur Hexe Winifred genötigt, mit einem Haustier zu ihren Kolleginnen zurückzukehren, um nicht mehr als Lügnerin azustehen. Auch der König (Cyro Klein) verlangt, dass seine drei Kinder, die pferdebesessene Edeltrud (Lisa Bechtold), die etwas dämliche Kunigunde (hervorragend Jana Eicher) und die zickige Friederike ihre Versprechen einhalten. Das gilt vor allem für Friederike (Chiara Hildenbrand), die höchst widerwillig dem Frosch Quartier gibt. Natürlich wird am Ende alles gut und aus dem zurückverwandelten Frosch wird sogar ein angenehmer Mensch. Allein Winifred muss haustierlos Farbe bekennen. Eine Bereicherung ist der zehnköpfige Bewegungschor Choreografie Claudia Griethe), der nicht nur dem Schlosspersonal tänzerisch Gestalt gibt, sondern auch die Umbauten vornimmt. Fast ebenso viele Akteure wie auf der Bühne sind und waren hinter den Kulissen von Nöten, um den „Froschkönig“ wirkungsvoll in Szene zu setzen. Wieder einmal ganze Arbeit hat dabei die Kostümabteilung geleistet.
Mannheimer Morgen, Juni 2017, Sibylle Dornseiff
Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Sehenswerte Aufführung der Freilichtbühne Mannheim
Der angesehene Arzt Dr. Henry Jekyll forscht nach einer bewusstseinsverändernden Droge, die das Böse vom Guten im Menschen trennen kann. „Man soll das Böse akzeptieren und nicht unterdrücken!“, ist er überzeugt, was zu hitzigen Diskussionen und letztendlichem Zerwürfnis mit seinem Freund und Arzt Dr. Hastie Lanyon führt. Im Selbstversuch scheint sein Experiment gelungen, aus dem beliebten Arzt und gesellschaftlich anerkannten Wohltäter wird zeitweise das menschenverachtende Monstrum Edward Hyde, der das London im Jahre 1888 in Angst und Schrecken versetzt. Ahnungslose Spaziergängerinnen werden aus entfesselter Wut niedergeschlagen bzw. getötet, einer Prostituierten schüttet er grundlos Säure ins Gesicht, Kinder schlägt er rücksichtlos und schreckt auch nicht vor dem sinnlosen Mord an dem Abgeordneten Sir Denver Carrew zurück. Im weiteren Verlauf bleibt nicht einmal seine eigene Verlobte verschont. Sie landet nach seinem Überfall auf sie im Irrenhaus. Den überlebenden Opfern prägt sich nur eines ein: der abgrundtief böse Blick ihres Peinigers. Mit der Zeit gelingt es Jekyll kaum noch, das Böse zu kontrollieren. Bereits im Schlaf und ohne die Einnahme des Elixiers mutiert Jekyll in Hyde, verändert sich charakterlich zusehends. Seine engsten Freunde John G. Utterson und Dr. Hastie Lanyon will er nicht mehr sehen, er bricht den Kontakt mit seiner Verlobten endgültig ab und zieht sich immer mehr zurück. Tief besorgt spionieren Utterson und Lanyon Jekyll nach. Die Spur führt zu Hyde, den sie schließlich aus einem kleinen, baufälligen Haus herauskommen sehen. Jekyll erkennt indes, dass er weder von der Droge loskommt, noch den Dämon in sich besiegen kann. Im Gegenteil, er sieht ihn an Übermacht gewinnen und bittet Lanyon verzweifelt um Hilfe. Dieser soll ihm ein Gegengift applizieren und ihn damit retten. Lanyon schafft dies zwar im Kampf mit dem sich in Hyde verwandelten Jekyll, wird aber dadurch wahnsinnig und stirbt. Fassungslos stellt Jekyll die begrenzte Wirkungsdauer des Antidots fest, die grauenhafte Metamorphose setzt vor den Augen der entsetzten Bürger mitten im Hydepark ein. Jekyll sieht keinen Ausweg mehr, als sich selbst ein Ende zu bereiten. Thomas Nauwartat-Schulze gelang eine meisterhafte Inszenierung nach der weltberühmten Novelle des schottischen Schriftstellers Robert Louis Stevenson. Dramaturgische Akzente wie das Spiel der Hauptdarsteller vor phasenweise „eingefrorenem“ Background sorgen für Plastizität und lassen den Zuschauer näher rankommen an die Seele Jekylls. Das Bühnenvolk kommt mit Verdichtungssequenzen professionell rüber, Szenen wie der Auftritt der Frauenrechtlerinnen oder eine Wohltätigkeitsveranstaltung lassen in die Gesellschaft Londons der damaligen Epoche schauen. Nauwartat-Schultze zeichnet ein einprägsames Bild des historischen Aufbruchs hin zur Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen und Unterdrückung. Mit dem detailverliebten Bühnenbild wird der Zuschauer in die (teilweise mobile) Kulisse des Londons ins Jahr 1888 versetzt: vom gemütlichen Wohnzimmer bis zum unheimlichen Versuchslabor, dem gruseligen Haus Hydes, dem abendlichen Flair (markant unterstrichen durch die Beleuchtung in Gestalt brennender Mülltonnen) und einer äußerst gelungenen Perspektive in Londons Gassen bei Nacht an der Treppenposition – großer Chapeau für das Bühnenbauteam. Atmosphärisch verstärkt die Geräuschkulisse den Zeitsprung in das ausschleichende 19. Jahrhundert. So ruft Big Ben höchstpersönlich die Zuschauer zu ihren Plätzen, auch fehlt die im Chor gesungene Nationalhymne „God save the Queen“ nicht. Mit feinem Gespür setzt der Regisseur das ganze Stück über passende Musikelemente als Verstärker ein. Stevensons beabsichtigte Gesellschaftskritik an der erzwungenen Verdrängung nicht gesellschaftskonformer Wünsche und Bedürfnisse bzw. Konventionen des Viktorianischen Zeitalters (1837-1901) und der vorherrschenden bürgerlichen Moralauffassungen, seine Warnung vor den Konsequenzen einer empathielosen, sadistischen Menschheit sind klar erkennbar und überzeugend dargestellt. Philosophische Betrachtungsweisen kommen nicht zu kurz und spiegeln sich beispielsweise im Streitgespräch Jekylls mit Lanyons wider. Das 50-köpfige Ensemble beweist schauspielerische Höchstleistungen. Voran Marco Hullmann in der Hauptrolle besticht durch nuancenreiches Spiel, setzt die stufenweise Veränderung von Jekyll zu Hyde und die Unkontrollierbarkeit des Bösen grandios um. Seine Freunde, der besorgte Anwalt John G. Utterson (Christian Lange), der sich von Jekyll abwendende Dr. Hastie Lanyon (Bernd Schönfelder) und die bezaubernde Verlobte Charlotte Lloyd (Simone Eisen) sind eindrucksvoll dargestellt. Brillant auch kleinere Rollen wie die kesse Prostituierte Mary (Santina Rudolph) oder die pfiffigen Zeitungsjungen Will (Bastian Bauer) und Tom (Jan Köhler). Durch die ambitionierten Akteure sämtlicher Neben- und Statistenrollen wirkt das Stück lebendig und authentisch. Jede kleinste Handlung ist gut durchdacht und dargestellt. Perfektion in Maske und Kostümbildnerei runden das Geschehen ab. Theaterbegeisterte haben die Gelegenheit, sich an folgenden Abenden, jeweils 20 Uhr zu gruseln: 7., 8., 14., 15., 20., 22., 29. Juli, 3., 4. und 5. August.
Käfertaler Zeitung, Juli 2017, CoKo
Freilichtbühne zeigt Dr. Jekyll und Mr. Hyde
Friedrichsfelder Wochenblatt, Juli 2017, Marion Schatz
Ganz großes Theater – Freilichtbühne zeigt „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“
An ein ganz besonderes Stück haben sich die Darsteller der Freilichtbühne mit Regisseur Thomas Nauwartat-Schulze in diesem Jahr gewagt. Sie bringen den Klassiker „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“, den Robert L. Stevenson bereits 1886 geschrieben hat und der seither unzählige Male verfilmt wurde, in der Schauspielfassung von Bernd-Klaus Jerofke auf die Bühne des Open-Air-Theaters in der Gartenstadt. Rund 50 Personen sind an der Aufführung in teils sehr aufwändigen Kostümen zu sehen und zu hören. Und um es gleich vorwegzunehmen: Was sie hier bieten, ist ganz großes Theater. Allen voran Marco Hullmann, der den Dr. Jekyll spielt, welcher sich durch seine Selbstversuche mit einer Droge immer öfter in den mordenden Mr. Hyde verwandelt. Klar, dass es da am Ende jeder Aufführung langanhaltenden Applaus des Publikums für die großartigen Leistungen aller Darsteller gibt. Nicht weniger aufwändig als die Kostüme ist das Bühnenbild. Schließlich befindet man sich im London des Jahres 1888, im Viktorianischen Zeitalter. Armut, Kinderarbeit, Prostitution und Arbeitslosgeit sind überall zu spüren. Die Frauen fordern mehr Rechte für sich, aber auch mehr Schutz. Was für ein Glück, dass es den wohlwollenden Dr. Jekyll gibt, der sich gerne wohltätig engagiert und für das neue Frauenhaus spendet. Vor allem die Damenwelt ist von dem smarten Junggesellen angetan, der aber nur Augen für seine zukünftige Verlobte Charlotte hat, von der er sich jedoch zurückzieht. Zugleich wird die Stadt von einem unheimlichen Mörder heimgesucht, der nächtlich auftaucht und jeden mordet, der sich ihm in den Weg stellt. Die Verwandlungen von Jekyll in Hyde und zurück kommen immer häufiger, so dass Dr. Jekyll auch seine Freunde, den Advokaten John Utterson und den Arzt Hastie Lanyon, nicht mehr um sich haben möchte und sich verleugnen lässt. Es handelt sich also um ein Stück, das den Darstellern alles abverlangt, bei dem sich die Zuschauer tatsächlich in die viktorianische Zeit in London versetzt fühlen und in dem es, trotz allen Grusels, durchaus heitere Momente gibt. Dafür bedanken sich die Zuschauer mit großem Applaus. Das Stück steht noch bis Anfang August auf dem Spielplan der Freilichtbühne.
Nordnachrichten Mannheim, Juli 2017, mhs
Premiere des Froschkönigs auf der Freilichtbühne
Rasante Unterhaltung für Kinder und Erwachsene
Nein, diesen Frosch wünscht man sich nun wirklich nicht in sein Schloss. Und schon gar nicht in sein Bettchen. Phillip Valentin spielt seine Rolle derart überzeugend, dass man sich gleich in alle anderen Figuren und deren Reaktionen auf das seltsame Halbwesen mit hineinversetzen kann. Mit dem ganzen Körper und dessen akrobatischen Zuckungen ist der Frosch von Valentin die ganz große Attraktion bei der Premiere der Froschkönig-Aufführung auf der Freilichtbühne in der Gartenstadt. Was man zu sehen bekommt, ist ein Stück, das für Kinder wie Erwachsene gleichermaßen geeignet ist. Das liegt nun wahrlich nicht am Inhalt, der sich nah an der Märchenvorlage orientiert. Vielmehr sind es die Rasanz der Handlung und Spielfreude der Akteure, die das Stück so sehenswert machen. Zu beidem trägt die Bearbeitung des Originalstoffs durch das Duo Raphael Protiwensky-Schenk (Text) und Frank Moesner (Musik) bei, die der eigentlichen Handlung eine zweite Ebene hinzufügen, in der eine Horde durchgeknallter Hexen ihr Unwesen treibt. Beide Handlungsstränge treffen sich rund um die Figur des Froschkönigs: Während dieser nur die Königstochter und deren Zuneigung im Sinn hat, wird er selbst von der glücklosen wie exzentrischen Hexe Winnifred gejagt. Diese braucht die schräge Mixtur aus Mensch und Amphibium, um die Hexenfreundinnen nach allerlei Enttäuschungen der Vergangenheit gnädig zu stimmen – und damit einer Bestrafung durch höhere Hexenmächte zu entgehen. Die Hexenhandlung beschleunigt das Tempo des Stückes um ein Vielfaches, tut dies aber so organisch, dass es die eigentlichen Abläufe nicht stört. In die wenigen Umbauphasen hat man Tanzchoreographien unter Leitung von Claudia Griethe integriert – auch das äußerst stimmig. Neben Valentin als Froschkönig überzeugen vor allem die von ihm ins Visier genommene jüngste Königstochter Friederike (gespielt von Chiara Hildenbrand) sowie Hexe Winnifred (Thomas Nauwartat-Schultze) und König Theobald (Cyro Klein). Großartig sind auch Kostüme, Maske und Requisiten.
Nordnachrichten Mannheim, Juli 2017, rüo