Die ganze Stadt ist eine Glitzerwelt

Schauspiel – Das Ensemble der Freilichtbühne zeigt in der Mannheimer Gartenstadt die Komödie „Ein Käfig voller Narren“

Idyllisch liegt die Freilichtbühne und offen kann der Geist dort unter sommerlichem Himmel schweben. Dass das abgeschlossene Milieu eines schwulen Varietés mit viel Blink-Blink da nur schwer reinpasst, wusste auch das Team der Freilichtbühne in ihrem diesjährigen Sommerstück „Ein Käfig voller Narren“.

Den Tanzschuppen „La Cage aux Folles“, den das Ehepaar Georges und Albin in Saint-Tropez leiten und in deren Wohnzimmer das Stück im Original von Jean Poiret gleich einem Kammerspiel spielt, öffnet Regisseur Markus Muth daher wohl bedacht in die Stadt hinein. Da gibt es neben dem schwulen Raum, herrlich platt ausgestattet mit Tiger-Kissen und pinken Katzen-Bildern, mit Bistro und Bäckerei Plätze des öffentlichen Stadtlebens, die parallel zum Hauptgeschehen bespielt werden. Allerlei Transvestiten tummeln sich da, aber auch Omas und Geschäftsleute. Die Narretei, die schillernd-schwule Prunksucht und Überdrehtheit dieses 1973 von Poiret erdachten Varietés ist also keine Absonderlichkeit mehr, sondern mitten im Leben angekommen.

Varieté-Welt im Wohnzimmer

Und so wundert es in der toleranten Stadt niemanden, wenn Leder-Bären-Männer durch die Straße laufen, minderjährige Jungs Typus Mädchenschwarm das Varieté erstürmen und deren Besitzer Georges (Matthias Heckmann) und Albin (Michael Knapp) im Straßenbistro nasalierend und wild gestikulierend streiten. Grund zum Streit haben beide genug, denn der Sohn Georges aus einem früheren Leben möchte heiraten, die neuen (konservativen) Schwiegereltern kommen zu Besuch, und das schwule, so affektierte Paar soll schnell kanalarbeitermännlich werden.

Eine verzwickte Geschichte, die Knapp mit viel Kopfstimme und wunderbarer grotesk-tragischer Gebärde und Heckmann mit grandiosem Mienenspiel nicht entwirren können. Da zuckt nun also Heckmanns Schnurrbart und die Augen kullern fleißig und Knapp stolziert furienhaft-melodisch durch Saint-Tropez. Der Mensch ist, wie er ist: verschieden, und das ist gut so.

Grundlegend menschlich ist das alles, geht es um Liebe, Familie und den Wunsch, dazuzugehören. Dafür entglitzert Muth das Varieté und modernisiert behutsam, etwa indem er aus dem schwarzen Hausangestellten einen weißen macht. Die Gedanken fliegen also in diesem kuriosen Narrenkäfig, der weder närrisch noch Käfig ist. Mit stürmischem Applaus bedankt sich das Publikum für die bemerkenswerte Leistung der 36 Laien-Schauspieler.

Mannheimer Morgen, 17. Juni 2018, igl