Spaßiger Spuk

 „HuiBuh–Das Schlossgespenst“ auf der Freilichtbühne Mannheim

Ich glaub’, ich seh’ Gespenster: Die Freilichtbühne Mannheim ist in eine gruselige Saisongestartet. Neben dem Musical „Dracula–das Grusical“ steht auch ein schaurig lustiges Familienstück auf dem Spielplan: „Hui Buh – Das Schlossgespenst“.
Direkt am Käfertaler Wald im Nordosten Mannheims gelegen, bietet die Freilichtbühne die perfekte Kulisse für die Geschichte, die vor mehr als 500 Jahren begonnen hat: an einem Freitag, den 13., des Jahres 1399. An diesem Tag eskaliert ein Kartenspiel zwischen Ritter Balduin (Thorsten Köster) und Ritter Adolar (Dominik Kobel) auf Schloss Burgeck. Balduin spielt falsch, gewinnt und will sich schon aus dem Staub machen–da fallen ihm die gezinkten Karten aus der Tasche, und es kommt zu einem Kampf mit seinem Gegenspieler. „Verflucht soll ich sein, wenn ich betrogen habe!“, ruft er, und dass der Blitz ihn auf der Stelle treffen solle was tatsächlich geschieht, begleitet von einem lauten Knall. Als einziges behördlich zugelassenes Schlossgespenstmit offizieller Spuklizenz lebt Ritter Balduin fortan als Hui Buh auf Schloss Burgeck. Und dieses Schloss hat das (in sämtlichen Gewerken) ehrenamtlich arbeitende Team der Freilichtbühne mit sehr viel Liebe zum Detail gebaut. Es gibt sehr viele Schauplätze, ständig kommt oder geht jemand durch eine der vielen Türen, und Hui Buh selbst schafft es sogar, durch Wände zu gehen–die Inszenierung hat das wunderbar gelöst. Die Produktion der Freilichtbühne Mannheim orientiert sich eng am auf der Hörspielserie von Eberhard Alexander-Burgh basierenden Film von 2006 mit Michael „Bully“ Herbig und Christoph Maria Herbst in den Hauptrollen. Für die Rechte habe mit Sony Entertainment verhandelt werden müssen, erzählt Geschäftsleiter Thomas Nauwartat-Schultze, der Regisseur und Musikalische Leiter des Musicals „Dracula“, das am Vorabend seine Premiere erlebt hat. Die Rolle von König Julius der 111., die Herbst im Film spielt, hat auf der Freilichtbühne Peter Ziesche übernommen. Mit viel Gepäck taucht er eines Tages auf Schloss Burgeck auf und ist gekommen, um zu bleiben. Denn der königliche Erstwohnsitz ist abgebrannt. Der mehrfach treffend als „Spinatwachtel“ bezeichneten und von Sabine Valentin wunderbar schrullig gespielten Leonora Gräfin zu Etepetete will der König einen Heiratsantrag machen. Beides passt Hui Buh nicht–und so versuchter, König Julius wieder loszuwerden. Der rächt sich, indem er, wieder von einem schönen pyrotechnischen Effekt begleitet, Hui Buhs Spuklizenz verbrennt. Weil er andererseits großes Interesse am Inhalt der geheimen Schatzkammer hat, sind beide aufeinander angewiesen… Diese Geschichte erzählt das knapp 30 Personen große Laienensemble, das mehrere Generationen vereint, mitreißend, kurzweilig und sehr, sehr lustig. Es gibt Witze, die sich aus der Vorlage ergeben, und solche, die aus dem Moment entstehen. „Darf ich darauf hinweisen, dass ich noch nie ein begabter Schauspieler war?“, fragt Markus Muth in der Rolle des Kastellan, die er tatsächlich ganz wunderbar ausfüllt, aber erst kurzfristig als krankheitsbedingter Ersatzmann übernommen hat. Dass er keine Schwierigkeiten mit dem Text hatte es liegt daran, dass er der Regisseur des Stückes ist und seit Monaten mit dem Ensemble gearbeitet hat. Knapp 800 Besucher der Premiere erleben also knapp eineinhalb Stunden Feuer und Rauch, Witz und leichten Grusel–und auch traurige Momente, in denen der kleine Tommy (Johannes Adelmann) von seinem verstorbenen Vater erzählt. Seine Mutter Konstanzia (Silvia Schönfelder) hat als Zofe alle Hände voll zu tun, so dass er meistens mit Marie (Charlotte Scherner) zusammen ist, der zu Besuch auf dem Schloss weilenden Nichte des Kastellans. Ihre Rolle gibt es in der filmischen Vorlage nicht–und überhaupt ist die Mannheimer Version von „Hui Buh“ alles andere als eine Kopie der abenteuerlichen Komödie, sondern durchaus noch witziger und–aber das liegt im Wesen des Theaters–viel näher dran an seinem Publikum.

Die Rheinpfalz, 10.06.2025, Nicole Sperk