Freilichtbühne Mannheim zeigt die Komödie “Cyrano de Bergerac”
Bis Ende Juli an elf Terminen zu sehen ist, was nun auf der Mannheimer Gartenstadt für Jubel sorgte. Auf der Traditionsbühne am Waldrand feierte Edmond Rostands romantische Komödie “Cyrano de Bergerac” eine gelungene Premiere
Mannheim. Es wird gelacht und gerauft, geliebt und gestorben, gekämpft und umworben, verspottet und getrauert. Alles in allem: „Cyrano de Bergerac“, das neue Abendstück der Freilichtbühne Mannheim bietet gut zwei Stunden (reine Spielzeit) Theater pur. Genau das war der Grund von Regisseur Markus Muth, den schon seit über zehn Jahren gehegten Wunsch nun in die Tat umzusetzen. In einer gekürzten Version und mit einem von 70 auf 23 Mitwirkendereduzierten Ensemble, das gekonnt mit dem in Verse geschmiedeten Text umgeht, ist ihm das gelungen. Das amüsierte und berührte Publikum bedankte sich beider Premiere mit lang anhaltendem Applaus.
Auch wenn immer wieder Duelle ausgefochten werden, so ist das im Jahr 1640 spielende Stück von Edmond Rostand alles andere als ein Mantel-Degen-Drama, sondern eine 1897 geschriebene romantische Komödie. Denn die Hauptfigur Cyrano – bekannt als der Mann mit der großen Nase – ist mehr als nur ein Haudegen, der es auch mal mit hundert Feinden aufnimmt. Seine, die Gegner verletzenden, von den Freunden gefeierten und die Frauenwelt entzückenden Stegreif-Verse, entlarven ihn als Mann der scharfen Waffen und Worte. Sein persönliches Drama: Er leidet unter seiner auffälligen Nase. Jeder, der ihn darauf anspricht, muss um seine Gesundheit bangen. Vor allem aber verbirgt er deswegen seine Liebe.
Prahlhans kämpft mit Bonmots
Thorsten Köster verkörpert die Zwiespältigkeit des Cyrano exzellent. Er ist körperlich fit genug für zahlreiche Gefechte auf offener Bühne, dabei ein frecher, gerne auch beleidigender Prahlhans, dem Bonmots leicht von der Zunge gehen. Sein Sprechtempo ist jedoch so hoch, dass das ein oder andere geschliffene Wort verlorengeht. Aber Köster offenbart gegenüber wenigen Getreuen auch seine verletzliche Seite. Doch das Leiden an seiner vermeintlichen Hässlichkeit hindert ihn daran, seiner Cousine Roxane seine Liebe zu gestehen. Stattdessen wird er zum „Ghostwriter“ für den jungen Christian de Neuvillette (glaubwürdig Jannik Haas), der ebenfalls Roxane verfallen ist. Der Gardist ist zwar schön, versteht sich aber weder auf geistreiche noch auf poetische Worte – was Roxane erwartet. Sabrina Petschi, die den Text verinnerlicht hat, spielt sie rundum überzeugend. Voll Anmut und Noblesse sieht sie nur die äußere Schönheit Christians, ist blind für die Seelentiefe Cyranos. Die wahre Erkenntnis kommt zu spät. Weil auch der intrigante, ebenfalls Roxane begehrende Marschall De Guiche (Michael Sintern) eingreift, endet das Stück tragisch.
Was am Amüsement zuvor nichts ändert. Dazu tragen Bühnenbild, Maske, Kostüme, die Fechtszenen (Matthias Fittkau) und auch die Spielfreude des Ensembles bei. Hervorstechend die drei Pagen (Lisa Bechtold, Pia Valentin, Cornelia Bundschuh), die das Geschehen mit anachronistischen Songs („With A Little Help From My Friends“, „Show Must Go On“, „The Rose“ u.a.) untermalen und kommentieren. Eine sehr gelungene Regie-Idee.
Mannheimer Morgen, 29.05.2023, SD