Tierisch brillantes Abenteuer

Freilichtbühne startet Saison mit „Gestiefeltem Kater“

Spannung und Aufregung liegen in der Luft, als das Publikum in der Gartenstadt nach so langer Zeit endlich wieder auf der Tribüne Platz nimmt – denn auch für die Freilichtbühne ist es die erste Saison seit Corona, in der Familien auf die Ränge stürmen, um beste Unterhaltung bei herrlichem Wetter zu genießen. Die sollte auch bei der jüngsten Premiere, dem „Gestiefelten Kater“ gewiss sein. Denn die Regisseure Vera Arndt und Sebastian Kaufmann erzählen den Märchenstoff keineswegs spröde nach: Die knapp 90 Minuten Theater sind ein Beispiel an Leidenschaft und Kreativität.

Historisch korrekte Inszenierung

Allein Silva Schönfelder als Kater Murr spielt so passioniert und gleichzeitig beseelt auf, dass es den Zuschauern eine wahre Freude sein muss. Das Ensemble lässt sich von diesem Feuer entfachen. Allen voran Michel (Bastian Bauer), der als Müllersohn zuerst verstoßen um seine Zukunft trauert, um sich schließlich doch auf die große Neuerfindung seines Lebens einzulassen. So wird aus dem Müller Michel der Graf Michael – und auch, wenn Prinzessin Rosalie (Vera Arndt) das Schauspiel schnell durchschaut, so hatte sie doch eigentlich immer viel für den adretten Mann übrig. Er müsst’ sich eben nur beweisen.
Genau hier trennt sich dann auch die Spreu vom Weizen. Denn während sich zahlreiche Bühnenfassungen des alten Stoffs wahlweise in Opulenz verlieren oder die Geschichte in die heutige Zeit transformieren, gelingt hier eine historisch korrekte Inszenierung, die, genau wie sie ist, zu tiefem Schmunzeln animiert.
Dazu kommt – von den Kulissen des Schlosses bis hin zu den liebevoll dekorierten Marktständen – die optische Liebe zum Detail (Bühne: Monika Kaufmann und andere), ein Sinn für herrliche Gruppenchoreographien und nicht zuletzt eine große Lust, endlich wieder zu spielen. Denn ob nun Magd, Zofe oder Bösewichte über die Bühne schreiten: Dieses Ensemble geht in seinen Rollen auf und versteht so schlichtweg zu begeistern.

Mannheimer Morgen, 24.05.2022, Markus Mertens