Inszenierung in Mundart: Unverblümt babbelnde Schlabbgosch

Komödie – Die Inszenierung von „Tratsch im Treppenhaus“ funktioniert auch auf „Monnemerisch“ – davon konnten sich Zuschauer im Zimmertheater überzeugen

Zweimal musste die Premiere von „Tratsch im Treppenhaus“ wegen Corona verschoben werden, beim dritten Anlauf hat sie geklappt. Das Vergnügen über einen Klassiker unter den deutschsprachigen Komödien war groß – wenn auch nur vorübergehend. Denn die umjubelte erste Aufführung im Zimmertheater der Mannheimer Freilichtbühne war vorerst auch die letzte. Doch das Publikum darf sich schon jetzt auf die Wiederaufnahme im Herbst freuen.

Anderen das Leben schwer machen

Jens Exler hat das Stück zwar schon vor über 60 Jahren im ursprünglich niederdeutschen Platt geschrieben, die Uraufführung fand im April 1960 in Flensburg statt, im Hamburger Ohnsorg-Theater reifte es in einer dem Hochdeutschen angenäherten Form zur Erfolgsgeschichte. Doch die Story hat nichts an ihrer Wahrheit und Wirkung verloren. Denn zumindest in überschaubaren Mietshäusern der unteren Mittelklasse gibt es sie noch immer – die überaus neugierigen Mitbewohner, die dafür sorgen, dass der Flurfunk funktioniert, dass Gerüchte in Umlauf gebracht und gerne auch interpretiert werden.

Meta Boldt heißt das Klatschmaul, das in der von Regisseur Thomas Nauwartat-Schultze auf „Monnemerisch“ übersetzten Version ihren Mitmenschen das Leben schwer macht. Schauplatz ist die dritte Etage in einem Treppenhaus (tolles Bühnenbild von Joshua Frank, Felix Schultze und Phillip Valentin). Dorthin zieht es die eigentlich ganz unten wohnende Meta Boldt mit Macht, denn sie muss wissen, was beim Steuerinspektor a.D. Ewald Brummer und der Witwe Hanne Knoop passiert. Dabei spielt sie die Nachbarn zu ihrem eigenen Vorteil gegeneinander und auch gegen den Vermieter Karl Tremmel aus.

Mit den Waffen einer Frau

Die Inszenierung ist flott, die Pointen sitzen, das Timing in der Türenkomödie stimmt, vor allem aber lebt der Mannheimer „Tratsch im Treppenhaus“ von sprachlicher Authentizität. Sei es nun beim Mannheimer Dialekt oder beim schwäbischen, den Ewald Brummers Neffe und Untermieter Markus spricht. Es ist Nauwartat-Schultze gelungen, das Augenmerk nicht nur auf Boldt zu konzentrieren, sondern auch den anderen Rollen Raum zu geben. Die danken es ihm mit großer Spielfreude und ensembletauglicher Disziplin.

Martina Stahl spielt Meta als unverblümt babbelnde Schlabbgosch mit Hang zur Giftspritze. Doch ist sie nicht nur unsympathisch, sondern oft ein Opfer ihrer überbordenden Fantasie. Wera Wörner als Hanne Knoop ist ein absolut adäquates herzensgutes Gegengewicht. Ewald Brummer (Andreas Nußbeck) wandelt sich vom Miesepeter, Tremmel (Michael Knapp) vom polternden in einen umgänglichen Menschen. Schuld daran ist Knoops Untermieterin Silke Seefeld (Sabrina Petschi), die augenzwinkernd die „Waffen einer Frau“ einsetzt, um ihre eigenen Ziele zu erreichen. Die verfolgt auch Schwabe Markus Brummer (temperamentvoll: Andreas Schilder). Ergänzt wird das Ensemble durch Cyro Klein als auf sein Geschäft fixierter Vater von Silke Seefeldt.

Mannheimer Morgen, 03.06.2022, Sibylle Dornseiff