„Rumpelstilzchen“ als Trostpflaster

Amateurensemble vom Zimmertheater bedauert Aus für Weihnachtsstück und bietet als Alternative ein Hörspiel

Die Geister der Weihnacht – sie dürfen nicht wirken. Ab dem Wochenende hätten sie im Zimmertheater der Freilichtbühne Gartenstadt dem alten Geizhals Ebenezer Scrooge den Sinn des Fests und der Nächstenliebe näherbringen sollen. Aber das eigens von Markus Muth einstudierte Weihnachtsmärchen darf nicht stattfinden – wie so viel derzeit wegen der Corona-Pandemie. „Sehr traurig für uns, aber vor allem trifft es die kleinen Zuschauer sehr – im Sommer kein Kinderstück bei uns und jetzt auch noch an Weihnachten kein Theater“, bedauert der Geschäftsführer der Freilichtbühne, Thomas Nauwartat-Schultze. Schon die ganze Sommersaison des Ensembles hatte abgesagt werden müssen. Das zunächst geplante Weihnachtsmärchen „Schneewittchen“ hat sich wegen der Abstandsregeln nicht umsetzen lassen – sieben Zwerge wären zu viel gewesen. Also setzte Regisseur Markus Muth kurzerhand „Fröhliche Weihnachten“ („A Christmas Carol“) nach Charles Dickens in Szene. Doch die ganzen Proben per Videokonferenz, das eigens umgebaute Zimmertheater – alles vergeblich.

Proben auf Abstand

Seit Monaten sei für ihn die Hauptsorge: „Kommen wir mit dem Geld hin?“ Seine Antwort: „Zum Glück ja, doch was wird nächstes Jahr?“ Bereits über 1000 E-Mails habe er seit dem ersten Lockdown geschrieben, unzählige Telefonate geführt. „Doch die Mühlen mahlen da leider sehr langsam“, sagt er mit Blick auf staatliche Unterstützung: „Ich kann nur hoffen, dass die Kultur nicht in Vergessenheit gerät. Theater und Musik schweigen, dabei sind gerade auch Chöre so wichtig für das soziale Miteinander“, so Nauwartat-Schultze, der auch den Freilichtbühnen-Chor Art-im-Takt leitet: „Von Konzerten sind wir noch meilenweit entfernt, und das macht mir Angst!“ „Versöhnlich“ stimme ihn, dass treue Zuschauer und Mitglieder den Verein mit Spenden bedacht haben und auch die Sponsoren „eine große Stütze in dieser so seltsamen Zeit“ seien. Sie hätten dem Verein die Treue gehalten, obwohl es kaum Aufführungen gab.
Gerade für die jüngsten Zuschauer bietet die Freilichtbühne „als kleines Trostpflaster“, so Nauwartat-Schultze, das Hörspiel des Weihnachtsstückes „Rumpelstilzchen“ aus dem Vorjahr für zehn Euro an. Zudem werden, damit Geld in die Kasse kommt, eine Freilichtbühnen- Tasse, spezieller Secco und das Jubiläumsbuch „100 Jahre Freilichtbühne“ verkauft, zudem Geschenkgutscheine – in der Hoffnung, dass die Sommersaison 2021 stattfindet. Anstatt sonst 83 Plätzen finden dort nach Corona-Regeln nur 43 Zuschauer Platz. Immerhin konnten im Herbst fünf Vorstellungen der Inszenierung „Bernarda Albas Haus“ von Thomas Nauwartat-Schultze gespielt werden. „Das Publikum kam. Da habe ich noch gedacht, o ja, die Anstrengungen der Videoproben und Abstands-Proben haben sich wirklich gelohnt, und es zahlt sich aus“, so der Geschäftsführer, „doch dann kam der zweite Lockdown“.

Mannheimer Morgen, 02.12.2020, pwr