Alles umgebaut und umgeschrieben

Gartenstadt – Amateurensemble der Freilichtbühne zeigt im Zimmertheater „Bernada Albas Haus“ unter Corona-Bedingungen

Anstatt 83 Plätzen, die oft ausverkauft waren, finden nun nur 43 Zuschauer Platz – aber so klappt es. Ab Samstag, 10. Oktober beginnt die Saison im Zimmertheater der Freilichtbühne. Dazu musste das Amateurensemble in der Gartenstadt das seit 1956 bestehende Gebäude eigens umbauen, die Zwischenwand und die Podeste entfernen, damit trotz der strengen Vorgaben aufgrund der Corona-Pandemie überhaupt der Betrieb starten kann. „Wir freuen uns alle so sehr, dass wir endlich wieder spielen dürfen, und freuen uns auf unser Publikum“, so der Geschäftsführer der Freilichtbühne, Thomas Nauwartat-Schultze. Premiere ist mit einem Klassiker: „Bernada Albas Haus“, Federico García Lorca Drama über eine verwitwete Frau und ihre fünf Töchter im ländlichen Spanien, autoritäre und verkrustete Gesellschafts- und Familienstrukturen. Nauwartat-Schultze hat die Regie übernommen. „Das Stück reizt mich schon seit langem, da es so viele brisante Themen birgt und fantastische Charaktere bietet.“ Eine Herausforderung indes bestehe darin, dass das Stück ausschließlich von Frauen gespielt wird, sagt er.

Proben per Videokonferenz

Seit März wird geprobt – unter Corona-Bedingungen, also digital per Videokonferenz, denn die ganze Sommersaison des Ensembles war abgesagt worden. „Die Textproben am Computer waren für alle Beteiligten etwas ungewohnt, aber sehr hilfreich und ergiebig“, so der Regisseur. „Die vielen Stunden haben sich gelohnt, denn als wir wieder auf der Bühne proben durften, seit Anfang Juni, konzentrieren wir uns auf die szenische Umsetzung“, berichtet er. Den vorgeschriebenen Abstand von 1,50 Meter einzuhalten, falle nicht immer leucht, „und der Zollstock ist mein ständiger Begleiter.“ Das Stück musste auch umgeschrieben werden, da nur fünf Darstellerinnen gleichzeitig auf der Bühne stehen dürfen. „Auftritte und Texte wurden gemeinsam verteilt und angepasst. Das war sehr spannend“, so der Regisseur. Er finde das Stück aber „sehr coronatauglich, da jede Frau ihre Trauer und ihr Schicksal mit sich ausmacht und verarbeitet, da kommt keine Nähe auf“. Für die Massenszene, die Beerdigung des Vaters, habe man sich „etwas einfallen lassen“, deutet er an. Sabine Valentin, eigentlich künstlerische Leiterin des Vereins, wird in der Titelrolle zu sehen sein, Wera Wörner steht ihr als resolute Magd La Poncia als Pendant gegenüber. Gespielt wird zunächst bis zum 22. November, eine Wiederaufnahme ist für 2021 im Frühjahr geplant.
Dazwischen steht ein Weihnachtsstück auf dem Spielplan – doch das zunächst geplante „Schneewittchen“ hat sich wegen der Abstandsregeln nicht umsetzen lassen. Dafür laufen bereits die Proben für „Fröhliche Weihnachten“ („A Christmas Carol“) nach Charles Dickens, wofür Regisseur Markus Muth eingesprungen ist. Eine Fassung für Kinder ab sechs Jahren wird am 5. Dezember um 16 Uhr Premiere haben. Die Geister der Weihnacht werden versuchen, dem alten Geizhals Ebenezer Scrooge den Sinn des Fests und der Nächstenliebe näherzubringen.

Mannheimer Morgen, 08.10.2020, pwr