„Viel Lärm um nichts“ auf Freilichtbühne

Schauspiel – Ensemble bereitet sich auf die neue Saison vor / Shakespeare-Stück feiert am 8. Juni Premiere, „Die kleine Hexe“ am 16. Juni

Auf der Mannheimer Freilichtbühne ist alles bereit für die neue Saison: Die Bühnenbilder stehen, die ersten Durchläufe haben begonnen, die Stimmung ist bei den mehr als hundert Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen bestens. Rund 60 – davon 30 Kinder – spielen beim Stück „Die kleine Hexe“ mit, 30 sind es bei „Viel Lärm um nichts“ von William Shakespeare.

Mit der etwa 1599 geschrieben Komödie setzt die Amateurbühne aus der Gartenstadt ihre kleine Reihe fort, die mit „Shakespeares Wilde Weiber“ im vergangenen Herbst im Zimmertheater begann. Für Regisseurin Cornelia Bundschuh ist es bereits die dritte Inszenierung eines Klassikers aus der Feder des englischen Dichters. „Bei ‚Wie es euch gefällt‘ für das Zimmertheater ging es trotz historischer Kostüme spartanisch zu. Der ‚Sommernachtstraum‘ 2006 war ebenfalls in historischem Look, aber auch sehr opulent“, erinnert sie sich. Das neue Stück mit dem Originaltitel „Much ado about nothing“, in dem es aufgrund von Belauschen, Ausspionieren und falschen Interpretationen zu einer Kette von Missverständnissen kommt, spielt in einer fiktiven Moderne. „Als Bühnenbild nutzen wir den freien Raum. Ansonsten werden Orte und Szenen durch Möbel und Requisiten gekennzeichnet“, erläutert Bundschuh bei einem Pressegespräch einige offensichtliche Grundzüge ihrer Regie. Die Kostüme sind zeitlos-modern, geben aber auch Aufschlüsse über den Stand der Figuren und ihre komplizierten Beziehungen zueinander.

Viele sexuelle Anspielungen

Die Charaktere und ihre Motive herauszuarbeiten, dazu den Text zu interpretieren, war eine der großen Herausforderungen der langen Vorbereitung seit dem letzten Herbst. „,Viel Lärm um nichts‘ ist die einzige Shakespeare-Komödie, in der fast keine Verse vorkommen. Dennoch ist der Text nicht einfach, denn er strotzt vor sexuellen Anspielungen“, hat Bundschuh die Übersetzung von Frank Günther gewählt, die sich stark an der Originalsprache orientiert. „Die ist sehr deftig, nicht unbedingt jugendfrei. Was zweideutig klingt, ist auch so gemeint.“

Seit Januar arbeitet die Regisseurin mit ihrem Ensemble auch praktisch an den Charakteren. „Ich mag Schwarzweiß-Malerei nicht, ziehe Grautöne vor. Mir ist wichtig, dass alle Figuren gute und böse Seiten haben. Sie treffen von Anfang an viele falsche Entscheidungen, die auch in eine Tragödie hätten münden können“, erklärt sie.

Eine Tragödie konnte bei der Inszenierung von Otfried Preußlers „Die kleine Hexe“ gerade noch abgewendet werden. Denn vor sechs Wochen sprang die Hauptdarstellerin plötzlich ab. Doch die Regisseure Dominik Kobel und Michael Knapp besetzten innerhalb des Ensembles um und sind des Lobens voll für das Engagement der Neuen. Bianca Valentin übernahm die Titelrolle, Marie-Claire Kieser deren Part als Muhme Rumpumpel. „Ich war vorher die arrogante Wasserhexe, nun so richtig böse zu sein, macht viel mehr Spaß“, ist Kieser sehr zufrieden. Einen großen Effekt in Sachen Hexenverhalten hatte ein Workshop mit Eva Layer. „Seitdem sind wirklich Hexen auf der Bühne“, freut sich Knapp. „Man muss nicht dauernd darauf achten, dass man niemanden auf die Füße tritt“, schätzt auch Oberhexe Christa Krieger, dass sie und ihre Kolleginnen sich auf der Bühne alles erlauben dürfen.

Vor 26 Jahren wurde der Kinderbuchklassiker, in dem die kleine Hexe bei ihresgleichen um Anerkennung und die Zulassung zur Walpurgisnacht kämpft, letztmals auf der Freilichtbühne gespielt. „Wir mögen Geschichten, in denen man sich verlieren kann und die auch Werte vermitteln“, waren sich die Regisseure bei der Wahl des Familienstückes absolut einig. „Es geht ja vor allem um Freundschaft.“ Doch bis zum guten Ende passiert viel. „Der erste Akt mit seiner Rückblende lebt von Massenszenen und wunderschönen Bildern. Die Walpurgisnacht natürlich von der speziellen Hexenatmosphäre“, erklärt Co-Regisseur Kobel. „Die Hexenbesen sind übrigens allesamt Unikate, wurden von den Diakonie-Werkstätten auf der Vogelstang geschaffen. Zum Verkauf haben wir extra Kinderbesen anfertigen lassen.“

Mannheimer Morgen, 01.06.2019, sd