Viel mehr als Zickenkrieg

Theater – Freilichtbühne zeigt „Shakespeares wilde Weiber“

Kurzweilig und amüsant ist das Stück, mit dem die Freilichtbühne Mannheim die Saison im Zimmertheater eröffnete. Eigentlich unverständlich, weshalb „Shakespeares wilde Weiber“ so selten zu sehen sind. Die Inszenierung der Komödie mit Musik von Harald Helfrich, Isabella Leicht und Dorothee Jordan ist die erst dritte Aufführung dieser Shakespeare-Collage überhaupt – und die erste, so Regisseurin Christa Krieger, eines Amateurtheaters. Klar, das Stück ist anspruchsvoll. Nicht nur wegen der Songs (Einstudiert von Thomas Nauwartat-Schultze). Es verlangt auch drei richtig gute Frauen unterschiedlichen Typs, die ganz aus sich herausgehen.

Liebestoller Hamlet

Andrea (Susi Bechtold), Julia (Santina Rudolf) und Molly (Martina Stahl) glauben, zum Vorsprechen für „Lady Macbeth” eingeladen zu sein. Sie sind alle überzeugt, die richtige Besetzung zu sein und vertreiben sich die Wartezeit – außer mit Zickenkrieg – damit, Shakespeare-Szenen anzuspielen. Wobei sie, in Umkehrung der Gepflogenheit des 16. Jahrhunderts, auch männliche Rollen übernehmen. So wird Molly, die von ihrer Theater-Erfahrung zehrt, zu Romeo oder zum liebestollen Hamlet. In diesen Zustand wird er/sie durch Sexpüppchen Julia versetzt, die der Ophelia neue Züge verleiht und im Buhlen um den Prinzen die originale Ophelia von Andrea aussticht. Doch die Theaterwissenschaftlerin mit minimaler Bühnenerfahrung hat wenigstens die Chance, all das zu spielen, was „ich schon immer mal wollte.“

Kostüm-Versatzstücke und zweckentfremdete Requisiten machen den Wechsel von Realität zu Rolle nachvollziehbar, besonders gelingt dies Santina Rudolf. Wie bei der vom Mutterinstinkt getriebenen Molly und der spröden Andrea gibt es auch bei ihrer Julia einen Punkt, an dem ihre Fassade bröckelt. Mitten im Liebesgeplänkel mit Romeo bricht aus ihr heraus, weshalb Männer nur „Gelegenheiten auf Zeit“ sind. Doch die Frauen entwickeln auch Theorien über die „wirkliche“ Urheberschaft der Stücke. Christa Krieger und Regiekollege Dominik Kobel gelingt die Balance zwischen Leichtigkeit und Tiefgang, die Akteurinnen danken es mit starkem Spiel, die Zuschauer mit viel Applaus.

Mannheimer Morgen, 08.10.2018, sd