„Top Dogs“ – die Sternstunde im Zimmertheater

Zurecht gibt es nach jeder Aufführung der Sozialsatire „Top Dogs“ stürmischen Applaus im Zimmertheater der Freilichtbühne Mannheim. Regisseur Holger Ohm, der seit mehr als 30 Jahren schon mit zahlreichen gelungenen Aufführungen und auch als Darsteller glänzen konnte, hat mit „Top Dogs“ für eine weitere Sternstunde gesorgt. Der kreative Bühnenroutinier führte intensiv und einfühlsam Regie. Er hat den Ensemblemitgliedern in diesem mehrfach preisgekrönten, zeitlos aktuellen und bitterbösen, aber durchaus realistischen Stück von Urs Widmer (gestorben 2014), jede Menge Freiraum gelassen, der gekonnt genutzt wurde. Das Publikum konnte somit mit authentischem emotionalem Spiel begeistert werden. Urs Widmer wird von vielen als legitimer Nachfolger des großen Friedrich Dürrenmatt angesehen.
„Top Dogs“, das sind zwei attraktive Powerladys (Angelika Mehr und Sandra Mercatoris) und sechs mehr oder weniger starke Herren aus dem Spitzenmanagement (Andreas Burger, Thorsten Graefe, Matthias Heckmann, Wolfgang Heuer, Michael Knapp und Peter Ziesche), welche von heute auf morgen zu „Underdogs“ geworden sind.
Alle waren Workoholics, die ohne Rücksicht auf andere Karriere gemacht hatten und fast nach ganz oben gekommen sind. Doch dann erleben sie das gleiche Schicksal wie ihre zahlreiche Kollegen, die sie im Laufe ihrer Karriere „freigestellt” hatten: Ihnen wird von heute auf morgen aber für sie nicht nachvollziehbar, gekündigt. Sie verstehen die Welt nicht mehr und landen schließlich alle in einem Mannheimer „Outplacement Center“ bei den Damen der „New Challenge Company“ (die beiden toughen „Seminarleiterinnen“ sind allerdings selbst auch Betroffene).

Hier geben sie nach und nach immer mehr von sich preis, machen deutlich, dass sie sich alle von ihrer Familie, ihrem Beruf und sich selbst immer mehr entfremdet haben. Es fällt ihnen ungeheuer schwer, in ein „normales“ Leben zurückzukehren. Eine einzige von ihnen, Frau Mercatoris, erhält am Ende eine neue Chance, eine Anstellung bei Eichbaum in Südkorea. Sie verlässt, von allen beglückwünscht, in der letzten Szene das „Center“. Die anderen bleiben mehr oder weniger hoffnungslos zurück und der Zuschauer weiß nicht, ob er wirklich Mitleid haben soll mit den ehemaligen, rücksichtslosen “Spitzenmanagern”. Diese Gesellschaftskomödie ist nahe an der Realität. Vieles ist nachzuempfinden, wird allerdings vom Autor ins Groteske gesteigert, ist dadurch vielleicht authentischer, auch durch skurille Rollenspiele und „Gruppenübungen“, die einer gewissen Komik nicht entbehren. Es darf also durchaus herzhaft gelacht werden über die „Top Dogs“. Das Ensemble agiert auf einer fast kahlen Bühne, acht Stühle und ein Cateringwagen, im Manager-Einheits-Outfit. Umso mehr stehen die Akteure im Vordergrund mit gekonnt gespielten Szenen, mit perfekten Rollen, zugeschnitten auf jeden einzelnen Charakter. Gespielt wird noch bis zum 2.Dezember dann die Wiederaufnahme ab dem 3. Februar 2018.

Metropoljournal, , Dieter Augstein